Die fünf Familien

Die Auswahl an Chilisorten ist immens.

Weit über 3900 Sorten sind mittlerweile bekannt, von Wildsorten ganz zu schweigen. Jede dieser Sorten hat ihren eigenen Charakter. Geschmack, Aroma, Schärfegrad, Farbe und Form ist immer unterschiedlich. Es ist unglaublich, welche Variationen die Natur uns hier beschert hat. Der Geschmack und/oder das Aroma haben eine Bandbreite, die von süß, fruchtig, herb, blumig, erdig und rauchig reicht. Auch bei der Schärfe gibt es gewaltige Unterschiede. Der Schärfegrad und die chemische Zusammensetzung der Fruchtsäfte der jeweiligen Frucht gibt an, wie die Schärfe empfunden wird. Ab wann sie scharf wirkt und an welchen Stellen sie “brennt”. Ob eine gleich- bleibende oder zeitverzögerte Schärfe eintritt. Ob eine wohltuende oder eine unangenehme Schärfe vorhanden ist.

Für die Bestimmung der Sorten und Arten kommt uns die botanische Kategorisierung zu Hilfe. Die meisten Sorten die wir kennen oder auch verwenden entstammen 5 Artenfamilien.

Chilisorten

Capsicum Annuum - Capsicum Baccatum - Capsicum Frutescens - Capsicum Pubescens - Capsicum Chinense


  • Casicum Annuum: Paprika, Spitzpaprika, Jalapeno, Cayenne Pfeffer und viele Sorten die wir auch unter den Namen Pepperoni kennen und oftmals nur Varianten des Cayenne Pfeffers sind. ( z.B. Fireflame, Starflame, Orange Flame usw.)

Capsicum Annuum sind oft Massenträger, leicht zu züchten, da sie relativ anspruchslos sind. Das macht diese Familie natürlich auch zum Ziel geldgieriger Unternehmer, da sie hier Massen produzieren können um diese billig auf den Markt zu bringen. Der Markt ist überschwemmt mit Chiliprodukten die leider auch qualitativ zu wünschen übrig lassen. Hier werden Chilipflanzen im Eilverfahren hochgezüchtet und die Früchte entweder schnell nachgereift oder sogar unreif an den Handel gebracht. Sehr  beliebt ist die Methode Chilifrüchte auf Äckern oder Straßen an der Sonne nachzureifen und diese solange zu wenden bis Diese getrocknet sind. Diese Methode wird oft in Asien um im nahen Osten angewandt. Die getrockneten Früchte werden gemahlen und landen dann als Chilipulver in unseren Supermärkten und auf unseren Tellern.


  • Capsicum Baccatum: Lemon Drop (Aji Lemon), Aji Christel, Aji Amarillo, Bishops Crown usw.

Obwohl diese Chilifamilie geschmacklich die Beste ist, ist sie in unseren Breitengrad weitgehend unbekannt und findet hauptsächlich in Südamerika ihre Verwendung. Für den Großhandel eher uninteressant, haben diese Pflanzen doch eine längere Reifezeit als C. Annuums. Doch auch hier sind einige Massenträger dabei.

Für Chilikenner ist diese Familie ein buntes Paradies. Geschmacksrichtungen und/oder Aromen von Zitrone, grüner Apfel, Ananas, Kiwi bis Pfirsich, hier ist alles vertreten. Typisch ist hier ein gewisser Geschmacks-Unterton der nur Baccatums zu Eigen ist. Man könnte diesen als leicht Parfüm-artig bezeichnen.

Wer also Baccatum Pflanzen oder Früchte haben möchte, muss daher selbst Pflanzen ziehen. Man kann aber auch bei einem Biobauern mit Chilianbau oder Chiliexperten einige erwerben.


  • Capsicum Frutescens: Thaichili-Arten (wie z.B. Rawit), Tabasco, Malagueta usw.

Eine weltweit sehr verbreitete und sehr beliebte Familie, da sie geschmacklich eher zum würzigen tendiert (Paprikapulver-artig) und zudem auch noch Massenträger ist. Die Dicke des Fruchtfleisches ist eher gering und nimmt nach Reifezeit kontinuierlich ab, die Früchte selbst produzieren massiv Samen (Eine der größten Samenproduzenten unter den Chilifamilien). Für den Handel sehr attraktiv, da die Geschmacksrichtungen zu fast allen Gerichten passen und die Ausbeute von Früchten und neuem Saatgut schon enorm ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass Früchte auch schnell an der Pflanze trocknen. Dies nutzen einige Hersteller aus, um quasi in Vortrocknung zu gehen. Siehe auch - > Capsicum Annum


  • Capsicum Pubescens: Rocoto Manzano, Rocoto de Seda, Rocoto Punto Pica Orange, Giant Rocoto usw.

Der Underdog der Chilis. Sehr beliebt bei Chilikennern und Chiliexperten. Eine Familie die weltweit eher unbekannt ist. Sehr schwierig und zickig in der Zucht, hat diese Familie sehr lange Reifezeiten bis zu einem dreiviertel Jahr und länger. Wenig Früchte aber dafür umso größer und schwerer. Diese Familie gibt es im Handel nicht oder kaum.

Geheimnisvoll und fremdartig haben es diese Chilis in sich. Beheimatet in den Anden, am Fuß der Berge, wo pazifische Luft über die Berge strömt und mit atlantischer Luft im Tal zusammenstößt, entstehen Nebelbänke im Urwald, wo sie gedeihen. Die Pflanzen sind leicht behaart, was darauf schließen lässt, das sie sich auch über die feuchte Luft ernähren. Die Früchte sind schwer, sehr dickwandig und haben als einzige Chilifamilie pechschwarze Samen.

Auch der Geschmack und die Schärfe wirken fremdartig. Rocotos haben einen einzigartigen Rocoto-Geschmack, der eher herb, ja fast an Heu erinnert. Auch die Schärfe ist für uns ungewohnt da sie andere Rezeptoren ansprechen als andere Chilis. Als einzige Chili der Welt geht diese Schärfe auch auf die Geschmacksnerven (bei anderen Familien sind es die Wärmerezeptoren). Dies löst erhöhten Speichelfluss aus und stimuliert die Geschmacksknospen. Man könnte den Effekt als körpereigenen Geschmacksverstärker bezeichnen.

Chilikenner wissen, dass mit dieser Familie die besten Kochergebnisse erzielt werden können und durch den erhöhten Speichelfluss auch eine bessere Verdauung gegeben ist. Einmal auf den Geschmack gekommen gibt es keinen Weg zurück.


  • Capsicum Chinense: Habanero, Bhut Jolokia, Trinidad Scorpion, Carolina Reaper usw.

Was soll man dazu sagen? Scharf, schärfer, Weltrekord. Die Pflanzen sind eher gedrungen, etwas kleiner im Wuchs und kompakter. Die Früchte dieser Familie sind relativ dünnwandig, oft verhutzelt, haben wenig Samen sind aber sehr scharf. Hier sind sehr viele Züchtungen vertreten, denn jeder will den Weltrekord.

Die Geschmacksrichtungen gehen in zwei bis drei Grundrichtungen. Habanero-artig (Fruchtig-blumig), Jolokia-artig (Fruchtig-würzig bis herb / metallisch), Reaper-artig (Fruchtig, Parfüm-artig-erdig bis muffig). Wobei es zusätzlich auch noch verschiedene Aromen gibt die wie schon oben beschrieben, süßlich, fruchtig, herb, blumig, erdig und rauchig sein können.

Man kann grob davon ausgehen das gelbe Früchte, fruchtig-blumig schmecken. Weiße Früchte sehr blumig, rote sehr fruchtig und Braune eher blumig-erdig bis rauchig gehen. Aber auch die Schärfe und vor Allem das Schärfeverhalten hat in dieser Familie eine sehr hohe Bandbreite. Hier gibt es mitunter die aggressivsten bis zeitverzögerte Schärfeverhalten. Manche sind angenehm, andere eine Watsch´n.

Alles in allem, über Geschmack lässt sich nicht streiten und jeder Mensch hat eine individuelle Empfindung.

- Oliver El Daly